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EMU stellt Fragen

Nach der Kabinettsitzung präsentiert Bundesminister Özdemir das neue Kennzeichen für den Bio-Anteil in der Außer-Haus-Verpflegung. © BMEL

Fragen an die Wahlkreis-Kandidat:innen

1. Beitragsfreies, gesundes Kita- und Schulessen:

Kontext: Der Bürgerrat “Ernährung im Wandel” empfiehlt die Bereitstellung eines kostenfreien und gesunden Mittagessens für alle Kita- und Schulkinder bundesweit nach DGE-Standards, mit einem Mindestanteil von 30 % ökologischer Lebensmittel und einer schrittweisen Umsetzung unter finanzieller Beteiligung des Bundes. Dabei sollen, wenn möglich, regionale und saisonale Produkte bevorzugt werden. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages verweist zudem auf die Möglichkeit, Baumaßnahmen im Bereich von Schulküchen und Schulmensen durch Bundesmittel zu bezuschussen.

Fragen:

  • Unterstützen Sie ein beitragsfreies Schul- und Kitaessen in entsprechender Qualität?
  • Welche Finanzierungswege und Maßnahmen würden Sie im Bundestag vorschlagen, um dieses Ziel zu erreichen?
  • Wie stellen Sie sicher, dass die Nutzung regionaler und saisonaler Produkte gefördert wird?

2. Gemeinschaftsverpflegung

Kontext: Die Bundesernährungsstrategie sieht die verbindliche Einführung der Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) in der Gemeinschaftsverpflegung bis 2030 vor. Sie kündigt zudem Unterstützung des Bundes für den vermehrten Einsatz von Bio-Lebensmitteln in der Gemeinschaftsverpflegung an. Die Länder Berlin und Brandenburg unterstützen bereits öffentlich finanzierte Kompetenzzentren, die Küchenteams von öffentlichen Kantinen in der Umstellung ihrer Menüs und Lieferketten hin zu einer gesunden, regionalen und nachhaltigen Ernährung begleiten.

Fragen:

  • Befürworten Sie die verbindliche Umsetzung von DGE- Qualitätsstandards bis 2030 als Mindeststandard in der Gemeinschaftsverpflegung?
  • Welche Pläne haben Sie, um die Arbeit von Kompetenzzentren deutschlandweit zu fördern und auszuweiten?

3. Planetary Health Diet / Proteinwende

Kontext: Für die Transformation des Agrar- und Ernährungssektors hin zu mehr Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Resilienz, spielt die Proteinversorgung von Mensch und Tier eine grundlegende Rolle, das untermauern sowohl die Ernährungsstrategie des Bundes, als auch die neuen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Die hiesige Produktion von pflanzlichen Proteinquellen für eine zunehmend pflanzenbetonte Ernährung muss ausgebaut werden.

Fragen:

  • Welche Förder- und Umsetzungsmaßnahmen schlagen Sie vor, um die Produktion und das Angebot pflanzlicher Proteine zu unterstützen?
  • Welche Prioritäten setzen Sie in der Proteinstrategie für eine nachhaltige Ernährungswende?

4. Werbeverbot & Marktmacht

Kontext: Die Marktkonzentration im Lebensmitteleinzelhandel bedroht Produzent:innen und Verbraucher:innen gleichermaßen. Die vier deutschen Riesen des Lebensmitteleinzelhandels kontrollieren rund 80 % des Marktes in Deutschland. Laut Recherchen von Oxfam konnten Milliardäre, die den Großteil ihres Vermögens im Nahrungsmittel- und Agrarbereich haben, ihr Vermögen in den Jahren 2021/2022 um 45 % (383 Mrd. US-Dollar) steigern. Laut Ernährungsministeriums sehen mediennutzende Kinder im Schnitt täglich 15 Werbespots für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt. Durchschnittlich 92 % dieser Lebensmittelwerbung bewirbt Produkte wie Fast Food, Snacks oder Süßigkeiten. Andere Länder reagieren mit entsprechenden Regeln: Griechenland verhängt Strafzahlungen gegen Lidl für unfaire Gewinnmaximierung bei Lebensmitteln des täglichen Bedarfs; Frankreich stärkt die Rechte der Produzent:innen gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel u.a. in Bezug auf die Definition des Einkaufspreises; nicht zuletzt Irland, Schweden, Großbritannien beschränken Lebensmittelwerbung, die sich an Kinder richtet.

Fragen:

  • Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um unfaire Handelspraktiken im Lebensmitteleinzelhandel zu unterbinden?
  • Befürworten Sie Werbebeschränkungen für Lebensmittel, die viel Zucker, Fett oder Salz enthalten?

5. Neuer Steuerkurs für Lebensmittel

Kontext: Der Bürgerrat Ernährung im Wandelempfiehlt einen neuen Steuerkurs für Lebensmittel und betont die Notwendigkeit die Definition von Grundnahrungsmitteln im Sinne einer gesunden, ökologischen und pflanzenbetonten Ernährung zu überarbeiten. Der Bürgerrat schlägt vor Produkte wie unverarbeitetes und tiefgefrorenes Obst und Gemüse in Bio-Qualität, Hülsenfrüchte, Nüsse und Vollkorngetreide sowie Mineral- und Tafelwasser von der Mehrwertsteuer zu befreien, Zucker jedoch höher zu besteuern.

Fragen:

  • Befürworten Sie die Aufnahme von fiskalischen Instrumenten in die Ernährungsstrategie?
  • Befürworten Sie eine Reform der Besteuerung von Lebensmitteln, wie Sie auch vom Bürgerrat „Ernährung im Wandel“ empfohlen wurde?
  • Welche Prioritäten setzen Sie für eine Anpassung der Steuern und Abgaben im Bereich der Lebensmittel?

6. Ernährungsarmut und Recht auf Nahrung

Kontext: Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE) der Regierung bemängelt, dass es selbst in einem reichen Land wie Deutschland armutsbedingte Fehl- und Mangelernährung und sogar Hunger gibt. Er fordert “zielgruppenorientierte Unterstützungsangebote“ insbesondere für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen. Er bestätigt einerseits, dass die Bemessung der Regelsätze im Sozialgeld für eine vollwertige Nahrung unzureichend ist und dass eine mangelhafte Ernährung massive volks-wirtschaftlichen Folgeschäden verursacht. Auch die UN Menschenrechtsbeauftragte kritisiert die fehlende Umsetzung des Rechts auf angemessene Nahrung in Deutschland, nicht zuletzt wegen der unzureichenden Regelsätze.

Fragen:

  • Welche Maßnahmen planen Sie, um das Menschenrecht auf eine gesunde, nachhaltige Ernährung in Deutschland umzusetzen?
  • Unterstützen Sie die Einrichtung eines interministeriellen Runden Tisch mit Expert:innen aus Wissenschaft und Praxis zur Bekämpfung von Ernährungsarmut?

7. Ressortübergreifende Ernährungspolitik

Kontext: Die Ernährungswende erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Ressorts und politischen Ebenen.

Fragen:

  • Wie planen Sie eine bessere Verzahnung zwischen Bund, Ländern und Kommunen?
  • Welche konkreten Schritte sehen Sie zur Etablierung einer ressortübergreifenden Ernährungspolitik?

8. Bodenpolitik und Zugang zu Ressourcen

Kontext: Gemeinwohlorientierte Bodenpolitik und ein Ende der Spekulation mit landwirtschaftlichen Flächen sind zentrale Forderungen.

Fragen:

  • Wie möchten Sie Spekulationen mit landwirtschaftlichen Flächen verhindern?
  • Welche Maßnahmen planen Sie, um Land, Saatgut und Tierzucht als Gemeingüter zu fördern?

9. Regionale Wertschöpfung und Resilienz

Kontext: Regionale Kreisläufe und lokale Produktion erhöhen die Krisenresilienz. Gemeinwohlorientiertes und gemeinschaftsgetragenes Wirtschaften spielt dabei eine zentrale Rolle. Das Sterben von Familienbetrieben entlang der gesamten Wertschöpfungskette gefährdet Vielfalt und Resilienz. Diese Betriebe sind entscheidend, um Nähe und Vertrauen in ein zunehmend entfremdetes Wirtschaftssystem zu bringen und stellen einen wichtigen Gegenpol zur Marktkonzentration durch Discounter dar.

Fragen:

  • Welche Fördermaßnahmen planen Sie für die Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten?
  • Wie kann die Zusammenarbeit zwischen staatlichen und kommunalen Akteuren verbessert werden, um lokale Produktion zu fördern?

10. Nachhaltige Finanzierung der Transformation

Kontext: Bund, Bundesländer und Kommunen sind in unterschiedlicher Weise für ernährungspolitische Maßnahmen zuständig. Die Umsetzung ernährungspolitischer Ziele hängt daher vom guten Ineinandergreifen der Maßnahmen auf allen Ebenen ab. Bislang gibt es jedoch kaum Unterstützung des Bundes für die lokale Umsetzung. Zudem ist Ernährung derzeit keine kommunale Pflichtaufgabe, was die Bereitstellung ausreichender Mittel für eine umfassende Ernährungswende erheblich erschwert. Eine rechtliche Verankerung als Pflichtaufgabe könnte Kommunen den notwendigen Handlungsspielraum und finanzielle Ressourcen sichern.

Fragen:

  • Wie wollen Sie die Finanzierung kommunaler Projekte zur Ernährungswende sicherstellen?
  • Unterstützen Sie eine bessere Verzahnung der ernährungspolitischen Maßnahmen zwischen Bund, Bundesländern und Kommunen und wenn ja, wie würden Sie dies umsetzen?